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Eine Einführung in die Welt der Atemtechniken

Du machst es die ganze Zeit, aber du kannst es noch besser: Wir verraten dir, wie du deine Work-Life-Balance, deinen Schlaf, deine persönlichen Bestleistungen und noch viel mehr revolutionieren kannst – einfach, indem du tief durchatmest ...

Wo wir auch sind, überall treffen wir auf Stress. Egal, ob zu viel Input, nervtötende Pendelfahrten oder unerklärliche Angstzustände: Einen Moment innezuhalten und einfach nur bewusst zu atmen, kann dir helfen, eine Vielzahl von Situationen besser zu meistern.

In den letzten fünf Jahren haben wir von der Pandemie bis zur Inflationskrise so ziemlich alles erlebt. Kein Wunder, dass das Stresslevel vielerorts durch die Decke geht! Höchste Zeit, sich ein paar hilfreiche Atemtechniken anzueignen. Denn tatsächlich gaben bereits vor der Pandemie 74 % der britischen Bevölkerung an, sich mindestens einmal im Monat überfordert zu fühlen. Eine im Dezember 2021 veröffentlichte Studie der britischen Regierung ergab zudem, dass 822.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vereinigten Königreich unter Stress, Depressionen oder Angstzuständen leiden.

Es überrascht also wenig, dass wir alle eine helfende Hand gebrauchen können. Deshalb haben wir diesen Anfänger-Guide rund um die gängigsten Atemtechniken zusammengestellt.

Für jede Situation gibt es eine andere Atemlösung. Lerne die für dich relevanten Techniken zu beherrschen und halte sie stets griffbereit – als Erste-Hilfe-Maßnahme für dein Wohlbefinden, deinen Blutdruck und deine mentale Gesundheit.

Warum sind Atemtechniken von Vorteil?

„Wenn wir unsere Atmung bewusst verändern, können wir auch verändern, wie wir auf das Leben selbst reagieren“, meint Dora Kamau, Achtsamkeits- und Meditationslehrerin bei Headspace. „Egal ob wir einmal tief durchatmen, um innezuhalten und uns Zeit zu nehmen, bevor wir reagieren - oder Boxatmung praktizieren, um Angstzustände zu mildern, also mehrere Male gleichmäßig ein- sowie ausatmen und zwischen den Atemzügen die Luft anhalten: Wir sind dadurch in der Lage, unseren inneren Zustand zu verändern, was wiederum dazu führt, dass wir unsere Herangehensweise und unser Verhältnis zu allem, was uns umgibt, verändern.“

Kamau vergleicht die Atemarbeit mit einer aktiveren Form der Meditation, bei der wir unser Atemmuster absichtlich anpassen, um eine ruhigere Reaktion „herbeizuatmen“. Aber was sagt die Wissenschaft dazu?

Eine Studie aus dem Jahr 2018 in der Zeitschrift „Frontiers in Human Neuroscience“ trug den Titel „How Breath-Control Can Change Your Life“ („Wie Atemkontrolle Ihr Leben verändern kann“) – ein solider Beleg für Kamaus Aussage. Wie die Studie ergab, verbessert die bewusste Kontrolle des Atems die „autonome, zerebrale und psychologische Flexibilität“. Mit anderen Worten: Die automatische Stressreaktion wurde gedämpft und die Versuchspersonen zeigten höhere emotionale Kontrolle, wodurch sich das psychische Wohlbefinden verbesserte.

Eine andere Studie, die in der Fachzeitschrift „Frontiers in Psychology“ veröffentlicht wurde, zeigte auf, dass Atemarbeit uns hilft, unsere Aufmerksamkeit zu fokussieren, eine positivere Einstellung zu entwickeln und Stress zu reduzieren. In derselben Publikation unterstreicht eine weitere Studie die positive Wirkung von Atemarbeit bei Schlaflosigkeit.

Was machen wir beim Atmen falsch?

Sind Atemtechniken im Grunde nichts anderes als einfaches Ein- und Ausatmen? Jein. „Wir müssen uns bewusst machen, wie unser Körper atmet“, erklärt Kamau. „Bevor ich anfing, achtsam zu atmen, hatte ich keine Ahnung, wie flach meine Atmung war. Doch mit zunehmender Übung bemerkte ich, dass die Luft bei mir nur bis in den Brustkorb ging und gerade bei Angstzuständen kann eine flache Atmung verstärkend wirken.“

Zwar gebe es laut Kamau keine „schlechten natürlichen Atemgewohnheiten“, dennoch empfiehlt sie das Buch „Oxygen Advantage“ (deutschsprachige Version "Erfolgsfaktor Sauerstoff") von Patrick McKeown (Mitglied der britischen „Royal Society of Biology“) für jene, die ihre Atmung meisterhaft beherrschen wollen.

Wie können mir Atemtechniken in verschiedenen Situationen helfen?

Für eine volle Meditation ist nicht immer die richtige Zeit oder der richtige Ort. Doch wie Kamau anmerkt, ist die Atemarbeit ein exzellentes Mittel, um dich in einer stressigen Situation zu erden.

Wir stellen dir einige Atemübungen vor, die auf bestimmte Alltagssituationen zugeschnitten sind.

Den Pendelstress meistern

„Stress kann schnell den ganzen Körper in Mitleidenschaft ziehen“, erklärt Kirsty Raynor, Mindset-Coach und qualifizierte, auf vedische oder „transzendentale“ Meditation spezialisierte Lehrerin. „Wir können Stress in der Magengrube spüren und sogar kurzatmig werden. Eine der einfachsten Techniken in dieser Situation ist die Bauchatmung. Lege beide Hände auf deinen Bauch und entspanne die Muskeln. Während du einatmest, dehnt sich der Bauch aus. Wenn du ausatmest, lass den Bauch langsam entspannen und nimm dieses Gefühl in dich auf.“

Ein HIIT-Workout zu Ende bringen

„Ein hochintensives Intervalltraining, kurz HIIT, aktiviert dein Kampf- oder Fluchtsystem, daher tragen alle Atemübungen, die dein parasympathisches Nervensystem ansprechen, dazu bei, dein Workout mit einem Gefühl der Ausgeglichenheit zu beenden“, erläutert Zoë Aston, Expertin für mentale Gesundheit bei Headspace. „Probier’s damit: vier Mal einatmen, fünf Mal halten und sechs Mal ausatmen.“

Vor einem großen Meeting den Fokus finden

„Das Wichtigste bei großen Meetings ist das Tempo", merkt Raynor an. Wenn wir gestresst sind, finden wir keine Linie; vielleicht sprechen wir zu schnell, um alles zu vermitteln. „Es ist wichtig, dir Zeit zu nehmen und den richtigen Rhythmus zu finden, um das zu sagen, was du sagen willst. Die Boxatmung ist eine gute Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten. Atme vier Sekunden lang ein, halte die Luft vier Sekunden lang an, atme vier Sekunden lang aus, halte diesen Zustand vier Sekunden lang an und beginne dann von vorne.“ Stell dir einfach vor, dass dein Atem im Quadrat läuft und für jede Seite vier Sekunden braucht.

Eine persönliche Bestleistung erzielen

„Es geht darum, dass dein Kampf- oder Fluchtsystem nicht die Kontrolle übernimmt“, sagt Aston. „Beim Versuch, deine persönlichen Bestzeiten zu knacken, verlangst du deinem Körper etwas ab, was er noch nie getan hat. Normalerweise signalisiert uns unser Nervensystem dann, dass wir aufhören sollen. Wenn du dich deiner Bestzeit annäherst und anfängst, ängstlich oder panisch zu werden, atme zweimal ein und dann lange aus und wiederhole diesen Vorgang so lange, bis du die Angst, die dich zurückhält, überwunden hast.“

In den Schlaf finden

„Der Body Scan ist eine tolle Technik zum Einschlafen“, rät Raynor. „Während du im Bett liegst, machst du die Augen zu und stellst dir vor, dass du deinen Atem zu jeweils einem Körperteil schickst. Schicke deinen Atem zum Beispiel zu deiner Stirn, dann zu deinen Augenbrauen, lass deine Augenlider schwer werden, entspanne die Wangen usw. Geh den ganzen Körper von Kopf bis Fuß durch und spür, wie sich die Entspannung ausbreitet.“