Was ist REM-Schlaf und wie lässt er sich verbessern?
Du fühlst dich nach dem Aufwachen total erledigt und bist schnell gereizt? Gut möglich, dass du zu wenig REM-Schlaf abbekommen hast. Wir schauen uns an, was nachts in unserem Gehirn vor sich geht, und geben Tipps für diese entscheidende Schlafphase.
Es gibt Traumtage, an denen der Wecker klingelt und du dich fühlst, als könntest du einen Marathonnach dem anderen laufen. Aber es gibt auch Tage, an denen du ohne eine Extraportion Motivation und literweise starken Kaffee gar nicht erst in die Gänge kommst. Woran liegt das? Warum schlafen wir manchmal mega und manchmal mies?
Die Sleep Foundation empfiehlt mindestens sieben Stunden Schlaf pro Nacht, doch laut Experten ist neben der Länge des Schlafs auch dessen Qualität entscheidend.
Wenn man bedenkt, dass jeder Dritte Schlafprobleme hat, ist es kaum verwunderlich, dass das Interesse an diesem bisher übersehenen Aspekt der Gesundheit stetig zunimmt. Ein Beleg dafür ist die explosionsartige Verbreitung von Schlaftrackern, die bis ins kleinste Detail messen, wie viel und wie gut wir schlafen.
Doch obwohl uns Hightech-Wearables wie Fitbit & Co. die Bedeutung des REM-Schlafs vor Augen führen, haben die meisten von uns noch immer keinen blassen Schimmer, was während der Ruhephase eigentlich konkret in unserem Körper abgeht (geschweige denn davon, wie man den Schlafprozess optimieren könnte).
Also, was genau passiert in der REM-Phase, und wie können wir sie maximal nutzen?
Kurze Erklärung zum REM-Schlaf
Der REM-Schlaf ist eine von fünf Schlafphasen, die Nacht für Nacht in einem zyklischen Muster wiederkehren. Von allen Phasen ist sie die aktivste, worauf schon der Name schließen lässt: REM ist kurz für „Rapid Eye Movement“ – also schnelle Augenbewegungen bei geschlossenen Lidern. Während dieser Zeit träumen wir, verarbeiten die Erinnerungen des Tages und lösen knifflige unterbewusste Probleme.
Während des Nicht-REM-Schlafs verlangsamen sich unsere Gehirnwellen und wir halten eine Form der Muskelbewegung aufrecht. „Im REM-Schlaf nimmt die Gehirnaktivität zu und ähnelt dem Wachzustand“, sagt Carlie Gasia, vom Spencer Institute zertifizierte Sleep Science Coachin und Sprecherin von Sleepopolis
„Typischerweise bewegen sich außerdem die Augen schnell hinter den geschlossenen Lidern hin und her, und der Herzschlag beschleunigt sich ebenfalls.“
In dieser Schlafphase träumst du am ehesten von einem Ex-Schwarm oder hast einen Albtraum, in dem du Panik schiebst, weil du dich nicht auf eine Prüfung vorbereitet hast. Da sich dein Körper jedoch in einem vorübergehenden „Lähmungszustand“ befindet, kannst du die Bilder und Gefühle, die du wahrnimmst, nicht ausleben.
„Der REM-Schlaf setzt circa 90 Minuten nach dem Einschlafen ein und tritt danach etwa alle 90 Minuten auf“, erklärt Dr. Chester Wu, Schlafpsychiater und medizinischer Gutachter bei Rise Science. Die erste REM-Episode dauert in der Regel rund 10 Minuten, die folgenden werden länger und die letzte kann bis zu einer Stunde andauern.
Warum ist REM-Schlaf wichtig?
Jede Phase des Schlafzyklus ist für unser Wohlbefinden wichtig – die REM-Phase hat jedoch einen besonders anstrengenden Job zu verrichten. Kennst du z. B. diese Situation? Die bist nach einem Streit wütend ins Bett gegangen und erstaunlich gelassen wieder aufgewacht. Das lag dann wahrscheinlich daran, dass du ausreichend REM-Schlaf abbekommen hast. „Die Forschung hat herausgefunden, dass die REM-Phase der Schlüssel zur Konsolidierung unserer Erinnerungen, zur Regulierung unserer Stimmungen und zur Erhaltung unserer kognitiven Funktionen ist“, fügt Gasia an.
Wenn wir uns in dieser erholsamen Schlafphase befinden, fängt unser eifriges Gehirn an, unsere Erinnerungen zu sortieren und sie von schmerzhaften Gefühlen zu trennen, die wir damit assoziieren. Forschende schließen daraus, dass wir in dieser Schlaf-Wach-Phase lernen, unsere Gefühle zu verarbeiten und sie besser in den Griff zu bekommen.
Im Rahmen einer Studie der Abteilung für Neurologie der Universität Bern wurde festgestellt, dass das Gehirn während des REM-Schlafs aktiv positive Erinnerungen „speichert“ und die Konsolidierung negativer Gefühle „drosselt“ – was dazu beiträgt, dass wir in der Lage sind, Dingen, die uns ärgern, gleichgültiger gegenüberzustehen.
Es ergibt also Sinn, dass wir mürrischer sind und eine kürzere Lunte haben als gewohnt, wenn uns dieser wichtige „Traumschlaf“ (in jeder Hinsicht) vorenthalten wird. Studien haben zudem ergeben, dass sich der REM-Schlaf auch auf unsere kognitive Leistung auswirkt. So kann es vorkommen, dass wir schon nach einer einzigen schlechten Nacht nicht mehr fähig sind, uns am nächsten Tag auf die einfachste Aufgabe zu konzentrieren oder eine glänzende Präsentation zu halten.
Darüber hinaus wird auch unsere körperliche Gesundheit negativ beeinträchtigt. Während Schlafmangel im Allgemeinen das frühe Sterberisiko erhöhen kann, ergab eine Studie aus dem Jahr 2020 mit über 4.000 Erwachsenen, dass eine Abnahme des REM-Schlafs um 5 % mit einem 13 % höheren Risiko verbunden war, in den folgenden zwei Jahrzehnten einer von zahlreichen Ursachen zu erliegen.
Oder wie Dr. Wu es formuliert: „Chronischer REM-Entzug trägt möglicherweise zu ernsteren Gesundheitsproblemen wie Adipositas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei.“
Kann man den REM-Schlaf irgendwie beeinflussen?
Experten empfehlen, 20–25 % der Schlafzeit in der REM-Phase zu verbringen, also rund 90 Minuten pro Abend. Wenn du einen Schlaftracker nutzt, kann dich ein konstant niedriger REM-Wert (selbst nach einer ordentlichen Schlafphase) schnell in Panik versetzen. Also was tun?
„Leider lässt sich weder direkt kontrollieren noch beeinflussen, wie viel Zeit wir im REM-Schlaf verbringen. Das Ganze ist ein komplexer Prozess, der vom Gehirn auf der Grundlage seiner Bedürfnisse gesteuert wird“, erklärt Dr. Wu. Mit anderen Worten: Es handelt sich um einen Homöostaseprozess, d. h., der Körper passt die Zeit, die er im REM-Schlaf verbringt, an die sich ändernden äußeren Bedingungen an.
Allerdings kann der gesundheitliche Zustand die Länge und Qualität des REM-Schlafs beeinflussen. Wissenschaftler haben beobachtet, dass Menschen mit Depressionen dazu neigen, früher in der Nacht REM-Schlafphasen zu durchleben, während Schlafapnoe, die Einnahme von Antidepressiva sowie Schlaflosigkeit dazu führen können, insgesamt weniger REM-Schlaf abzubekommen. Du machst dir Sorgen um deinen Schlaf? Sprich mit deinem Hausarzt, er kann mögliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten abklären.
Abgesehen davon, dass du die ganze Nacht schlafen solltest, ist laut Dr. Wu eine konsistente Zeitspanne wichtig: „Wenn du ein paar Stunden früher aufstehst als gewohnt, erscheint der Schlafverlust minimal – aber es könnte bedeuten, dass du den Großteil deines REM-Schlafs verpasst hast.“ Wie erwähnt, nimmt die Dauer der REM-Phasen im Laufe der Nacht zu, sodass der Großteil davon in den frühen Morgenstunden stattfindet. Wenn du am Wochenende Schlaf nachholst, fühlt sich dein Rhythmus eventuell wieder ausgeglichen an – doch Dr. Wu empfiehlt, sich lieber die ganze Woche über an einen gleichbleibenden Schlafplan zu halten.
Unsere 3 Top-Tipps für einen guten REM-Schlaf
Die klassischen Standard-Schlaftipps sind bekannt (kein Handy im Bett, keinen Kaffee nach 12 Uhr) – aber was können wir außerdem tun, um unseren REM-Schlaf zu verbessern? Probier’s doch mal hiermit …
Verbanne deinen Schlaftracker
Okay, dein Schlaftracker liefert dir wertvolle Erkenntnisse – aber all diese beängstigenden Daten können sich auch negativ auf deine psychische Gesundheit auswirken. Studien haben ergeben, dass eine übermäßige Beschäftigung mit dem Schlaf, die so genannte „Orthosomnie“, Angstzustände auslösen kann, die dich noch zusätzlich wachhalten. Wenn du deinen Tracker nachts ablegst, brauchst du dich nicht mehr mit schwankenden Schlafwerten zu beschäftigen.
Nimm dir ein Beispiel an Marie Kondo
Schon mal darüber nachgedacht, dass es an der Unordnung in deinem Zimmer liegen könnte, dass du keine ordentliche Mütze voll Schlaf abbekommst? Studien haben gezeigt, dass ein chaotisches Schlafzimmer zu Unruhe und Stress beiträgt, wodurch es einem schwerer fällt, sich zu entspannen und einzuschlafen. Nimm dir Ordnungsexpertin Marie Kondo als Vorbild, indem du Wert auf ein aufgeräumtes, ruhiges und kühles Schlafzimmer legst. Bei Bedarf kannst du eine Augenmaske oder Verdunkelungsvorhänge nutzen, um störendes Licht auszublenden.
Iss mehr Bohnen
Studien zeigen, dass der Verzehr von Ballaststoffen mit einem tieferen und erholsameren Schlaf zusammenhängt. Du weißt, was das heißt: Iss mehr pflanzliche Lebensmittel! Alle Bohnensorten enthalten Ballaststoffe, insbesondere weiße Bohnen und Marinebohnen. Peppe deine Eintöpfe mit Kidney-, Lima- oder Pintobohnen auf, rühre sie in dein Chili oder genieße sie auf Toast als herzhaftes Frühstück!
Zu guter Letzt noch ein guter Rat: Wenn du schon alles ausprobiert hast, um deinen Schlaf zu optimieren (Tagebuchschreiben, Kaltwassertherapie …), aber noch immer Probleme beim Einschlafen hast, solltest du mit deinem Hausarzt sprechen. Er kann dir Tipps geben, wie du deinen Lebensstil ändern und dir gesunde Schlafgewohnheiten antrainieren kannst. Bei Bedarf überweist er dich auch gerne an einen Spezialisten.