Du hast es schon einmal geschafft, du schaffst es wieder. So geht's.
Ob unfreiwillig (aufgrund einer Verletzung oder eines Urlaubs) oder freiwillig (aufgrund von allgemeinem Null-Bock-Syndrom): Es gibt unweigerlich Zeiten, in denen du nicht trainieren kannst oder dir schon der Gedanke daran, ins Schwitzen zu kommen, kalten Schweiß auf die Stirn treibt. Es ist so leicht, das Workout schleifen zu lassen. Dafür umso schwieriger, wieder durchzustarten.
Aber du hast es schon einmal geschafft – und du kannst es wieder schaffen! Wir gehen der Frage nach, warum es so schwer ist, zurück in den Trainingsmodus zu kommen, und geben dir Tipps, wie du die erste Trainingssession, die erste Woche und den ersten Monat nach einer längeren Auszeit optimal strukturieren kannst.
Nun, das liegt vor allem daran, dass es nicht lange dauert, bis deine hart erkämpften Erfolge dahin sind. Im Rahmen einer Studie mit semiprofessionellen Fußballern wurde festgestellt, dass schon ein zweiwöchiger Verzicht auf körperliche Aktivitäten zu einer „signifikanten Abnahme“ der aeroben und anaeroben Fitness führte. Mindestens zwei weitere Wochen waren nötig, um das Level wiederherzustellen.
Auch psychologisch gesehen kann Inaktivität zu schlechten Gewohnheiten führen. Ohne ein klares, fest definiertes Ziel ist der Effekt ähnlich, als müsstest du das Haus putzen, ohne Besuch zu erwarten: „Morgen ist auch noch ein Tag“, sagst du dir dann.
„Wenn Fitness im Leben keine Priorität hat, findet man leicht eine Ausrede, um sich keine Zeit dafür zu nehmen“, sagt Peter Donohoe (NASM, ISSA), Spezialist für funktionale Performance beim Fitnessunternehmen Hydrow und Gründer von Donahoe Training.
Und ohne den Anreiz regelmäßiger Bewegung können sich deine Muskeln und dein Herz-Kreislauf-System biologisch und biomechanisch so verändern, dass es sich viel anstrengender anfühlt, zurück aufs sprichwörtliche Pferd zu steigen.
„Die Muskeln können verkümmern, die Knochen werden schwächer, die Gelenke steifer, die Kapillardichte der Blutgefäße kann abnehmen, die kardiovaskuläre Ausdauer kann zurückgehen und überschüssige Kalorien können als Fett gespeichert werden“, so Donohoe weiter.
Das ist natürlich die langfristige Perspektive. Ein paar Tage oder Wochen ohne hartes Training muss nicht unbedingt verheerend sein. Die Auszeit gibt deinem Körper und deinem Geist die Chance, sich zu erholen und neue Kraft zu tanken, damit du dich wieder mit neuem Fokus ins Workout reinhängen kannst. Außerdem haben Untersuchungen ergeben, dass der Körper durchaus in der Lage ist, ein ordentliches Fitnesslevel zu halten, selbst nach einer längeren Pause.
In der Zeitschrift „Cell Physiology“ erschien kürzlich ein Artikel, der besagt, dass das Skelettmuskelgewebe ein gewisses „Muskelgedächtnis“ aufrechterhalten könne, auf zellulärer wie auch auf epigenetischer Ebene. Dies erleichtere die Anpassung, wenn das Training später wieder aufgenommen werde, sogar nach „beträchtlichen Phasen der Trainingspause oder des Detrainings“. Der Begriff „Detraining“ bezeichnet dabei eine bewusste und deutliche Reduzierung des Trainings.
Eine andere Studie, in der die Auswirkungen eines 12-wöchigen Ausdauertrainings mit anschließendem 12-wöchigen Detraining gemessen wurden, hat ergeben, dass die maximale Sauerstoffmenge, die vom Körper während maximaler Belastung aufgenommen werden kann („VO2max“), nach drei Monaten zwar vollständig zurückging, jedoch eine verbesserte körperliche Fitness als Basiswert erhalten blieb.
Du fragst dich, wie du am besten zurück in die Spur kommst – jetzt, wo du weißt, wie schnell deine hart erarbeiteten Fortschritte verpuffen können? Nick Karwoski, erfolgreicher Triathlet der US-Nationalmannschaft und Rudertrainer bei Hydrow, sagt, dass du die Angewohnheit, nicht zu trainieren, in eine Entscheidung für das Trainieren umpolen musst, indem du diese Entscheidung positiv verstärkst.
„Die meisten von uns tun sich schwer damit, positive Gewohnheiten zu entwickeln. Das liegt nicht an mangelnder Selbstdisziplin oder Faulheit, sondern daran, dass unsere biologische Veranlagung uns dazu bringt, Verhaltensweisen aufgrund unmittelbarer körperlicher und emotionaler Konsequenzen zu wiederholen", erklärt er. „Die meisten guten Gewohnheiten sind nicht automatisch mit positiver Verstärkung verbunden, aber wir können lernen, eigene Verstärker zu schaffen.“
Mit anderen Worten: Wenn du ins Schwitzen kommst, dein Puls steigt oder deine Muskeln anfangen zu brennen, wird dein Gehirn danach lechzen, dass du aufhörst. Gelingt es dir jedoch, diesen anfänglichen Widerstand zu überwinden, werden Endorphine ausgeschüttet, die dir ein gutes Gefühl geben und dich zum Weitermachen animieren.
Wie lange dauert es, bis wir die Endorphine spüren? Studien aus dem Jahr 2011 gehen davon aus, dass die Endorphinausschüttung nach 30 Minuten Training einsetzt, wobei laut einer anderen Studie mäßig intensives Training hierfür am besten sei. Du kannst den Prozess beschleunigen, indem du in einer Gruppe trainierst. Im Rahmen einer kleinen Studie von 2010 wurde festgestellt, dass die Endorphinausschüttung größer war, wenn die Teilnehmer in einer Gruppe trainierten, als die gleiche Übung allein durchzuführen.
Einen Endorphinschub zu triggern ist eine Möglichkeit, um gleich in der ersten Trainingssession ein positives Feedback einzuholen. Karwoski merkt jedoch an, dass es wichtig sei, sich nicht zu übernehmen: „Fang klein an“, empfiehlt er. „Verurteile dich nicht selbst zum Scheitern, indem du dir ein Monsterworkout vornimmst. Je nachdem, wie dein Körper sich fühlt, kannst du immer noch mehr draufpacken.“
Dort weiterzumachen, wo du aufgehört hast, ist ebenfalls nicht die beste Idee. Denn dein früheres Trainingsprogramm könnte der wahre Grund sein, warum du überhaupt das Interesse verloren hast. Karwoski schlägt vor, stattdessen ein Training mit einem Freund oder einer Freundin zu vereinbaren, damit du eine gewisse Verpflichtung hast, und ein wiederholbares Workout im Kalender einzutragen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass du es auch tatsächlich wiederholst.
Du willst zurück in den Kraftraum? Donahoe empfiehlt, mit 30–40 % des Gewichts zu starten, das du vor der Trainingspause gestemmt hast, und das Volumen zu halbieren. Wenn du in deiner letzten Trainingseinheit z. B. 100 kg für vier Sätze à 10 kg gehoben hast, solltest du für den Einstieg 30–40 kg für zwei Sätze à 10 kg oder vier Sätze à 5 kg wählen.
Wenn du die erste Trainingseinheit hinter dir hast, wirst du vermutlich mit DOMS (Delayed Onset Muscle Soreness) „belohnt“. Mit diesem verzögerten Muskelkater reagiert dein Körper auf Aktivität, die er nicht gewohnt ist – und angesichts deiner langen Pause ist damit zu rechnen. Die Intensität und Häufigkeit des Muskelkaters werden abnehmen, sobald du zu deiner regelmäßigen Routine zurückgefunden hast.
Was für die erste Trainingssession gilt, gilt auch für die ganze erste Woche: Setze dir keine unrealistischen Ziele. Also nicht rennen, bevor du gehen kannst. Donahoe rät: „Fang ganz konservativ an. Steigere dann nach und nach die Geschwindigkeit, die Distanz und die Sätze oder Wiederholungen im Workout.“
Drei 30-minütige Trainingseinheiten in der ersten Woche sind mehr als genug, um ein breites Spektrum an Aktivitäten abzudecken und gleichzeitig genügend Zeit zum Erholen zu haben. „Such dir Aktivitäten aus, die dir persönlich Spaß machen“, fügt Karwoski hinzu. „Tu nichts, nur weil jemand anderes es macht.“
Guter Schlaf und ausreichend Flüssigkeit sind ebenfalls unverzichtbar. „Die richtige Ernährung hat einen großen Einfluss auf die Qualität deines Trainings, wenn du wieder einsteigst, aber Schlaf und Flüssigkeitszufuhr stehen in direktem Zusammenhang mit der Fähigkeit deines Körpers, alles zu geben. Schlafen und genügend trinken sollten daher oberste Priorität haben“, betont Karkowski.
Zu guter Letzt solltest du außerdem deine Workouts tracken. „Egal, ob es sich um die Gesamtdistanz, die Gesamtzeit, das gestemmte Gewicht oder eine andere Zahl handelt: Wenn du deine Trainingsdaten notierst, bekommst du ein klares Bild davon, wie es dir beim Workout geht und welche Fortschritte du machst, sodass du jede Session entsprechend anpassen kannst“, so Donahoe.
Was das Trainingsvolumen angeht, so rät Donahoe, die erste Woche langsam anzugehen, damit sich dein Körper wieder ans Trainieren gewöhnen kann. „In Woche 2 und 3 kannst du das Trainingspensum dann erhöhen, aber plane gleichzeitig viele Erholungstage ein“, sagt er.
In Woche 4 solltest du das Programm dann wieder zurückschrauben. „Die vierte Woche sollte fast so leicht sein wie die erste“, erklärt Donahoe. „Dein Körper kann sich nicht immer weiter steigern, er braucht Zeit, um auf den Trainingsreiz zu reagieren und damit sich das Muskel-, Bänder- und Sehnengewebe der Belastung anpassen kann.“
Geduld ist das A und O. Der Workout-Wiedereinstieg nach einer Auszeit ist ein Marathon, kein Sprint. Ziel sollte es sein, dich langsam wieder einzugrooven, eine Routine zu entwickeln, die du beibehalten kannst, dein Fitnessniveau allmählich wieder auf den alten Stand zu bringen und dann zu lernen, wie du dir positive Gewohnheiten aneignest, die dich immer wieder zurück in die Spur bringen.
„Nicht vergessen, jeder Körper ist anders und jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Detraining und die Wiederaufnahme des Trainings“, erinnert Karwoski. „Wenn du vor dem Detraining auf einem soliden Fitnesslevel warst, ist es gut möglich, dass du dieses recht schnell wieder erreichst. Etwas mehr Zeit und Mühe kann es kosten, wenn du längere Zeit außer Gefecht warst oder ein niedriges Ausgangslevel hattest.“
So oder so ist es wichtig, dass du die kleinen Erfolge auf deinem Weg zurück zur Fitness feierst. „Belohne dich selbst, wenn du nach einem Monat immer noch motiviert bei der Sache bist“, schlägt Karwoski vor. „Du hast richtig was geleistet und bist richtig weit gekommen, das solltest du auf jeden Fall würdigen.“
Text: Sam Rider
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