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Gesunde Grundlagen: Wie beeinflussen Sport und Schlaf sich gegenseitig?

Ein gutes Workout wirkt als Muntermacher, aber laut Experten kann regelmäßiges Training auch deinen Schlaf verbessern. Wir haben eine Schlaftherapeutin und eine Personal Trainerin gefragt, welche Art von Bewegung eine erholsame Nachtruhe fördert.

exercise and sleep

Schlaf ist kostbar. Das weißt du aus eigener Erfahrung, wenn du zu der großen Gruppe von Menschen gehörst, die weniger als fünf Stunden pro Nacht schlafen (in Großbritannien sind es ganze 7,5 Millionen). Einer Studie aus dem Jahr 2022 zufolge leben 14 % der britischen Bevölkerung mit einer gefährlich niedrigen Schlafdosis, was sich negativ auf ihre psychische und physische Gesundheit auswirken kann.

Egal, ob du mehr schlafen willst, aber zu viel zu tun hast, oder stundenlang wach liegst und nicht ins Land der Träume findest: Zu wenig Schlaf wird mit chronischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, wie Depressionen, Diabetes und Herzerkrankungen. „Schlaf ist die Grundlage eines gesunden Lebens; er ist ein menschliches Grundbedürfnis, das nicht ignoriert werden darf. Wenn wir die Dauer und Qualität unseres Schlafes einschränken, gefährden wir unsere Gesundheit – und können nicht überleben“, erklärt die Schlaftherapeutin Dr. Kat Lederle.

Schlaflosigkeit und andere Gesundheitsstörungen, die deinen Schlaf ernsthaft beeinträchtigen, müssen natürlich ärztlich untersucht und behandelt werden; doch Bewegung kann sich signifikant auf den Schlaf im Allgemeinen auswirken.

Okay, zugegeben: Aktiv zu werden, wenn man ohnehin schon müde ist, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein (und klingt erst mal wie ein Widerspruch in sich, da wir uns, wie erwähnt, nach einem Workout fitter fühlen). Dennoch wird langfristige Fitness mit einem besseren Schlaf in Verbindung gebracht. Tatsächlich zeigt eine Studie von 2023, dass Menschen, die körperlich aktiv sind, im Durchschnitt pro Nacht 15 Minuten länger schlafen, was wenig erscheint, sich aber auf 90 zusätzliche Stunden pro Jahr summiert.

Wie wirkt sich Sport auf den Schlaf aus?

„Regelmäßige Bewegung ist – genau wie eine gesunde Ernährung – förderlich für guten Schlaf“, fügt Dr. Lederle an. Das liegt aber nicht nur daran, dass Sport Energie verbrennt. „Wenn du dich bei einem langen Lauf auspowerst, heißt das noch lange nicht, dass du danach gut schläfst“, betont sie. Vielmehr geht es darum, regelmäßig etwas für die Gesundheit deines Körpers zu tun, um hormonelle, psychologische und biologische Faktoren auszugleichen, die dich vom erholsamen Schlummern abhalten.

Einer dieser Faktoren ist Stress. Die Forschung deutet darauf hin, dass ein hohes Stresslevel die Schlafqualität herabsetzt: Eine im „Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism“ veröffentlichte Untersuchung beschäftigt sich mit Hormon- und Stresszyklen bei Menschen, die unter Schlafstörungen leiden. Dabei wurden bei Personen mit chronischer Schlaflosigkeit höhere Werte des Stresshormons Cortisol nachgewiesen, insbesondere am Abend und in der ersten Schlafphase.

Bewegung hilft bekanntlich beim Stressabbau – sowohl psychologisch als auch hormonell, indem sie den Cortisolspiegel sowie den gefühlten Stresspegel senkt. Das ist auch der Grund, weshalb regelmäßige Bewegung zu einem besseren Schlaf beitragen kann. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurde dies an einer kleinen Anzahl von Studierenden während einer stressigen Prüfungsphase getestet, und die Forscher fanden heraus, dass Bewegung die negativen Auswirkungen von Stress auf die Gesundheit abpuffert, einschließlich der Beeinträchtigung der Schlafqualität.

Dr. Lederle weist jedoch darauf hin, dass für manche Sport zum Stressfaktor werden kann: „Um Stress effektiv zu bewältigen, muss man die Ursache betrachten. Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie nie genug Zeit haben, um alles zu erledigen. Ein strenger Trainingsplan kann diesen Stress noch verstärken“, sagt sie. Ihr Tipp: „Vergiss nicht, dass Bewegung allgemein für die Gesundheit und den Schlaf wichtig ist: Gehe mehr spazieren, wechsle tagsüber zwischen Sitzen und Stehen ab und blaue kleine, aktive Pausen ein.“

Zu welcher Tageszeit sollte ich am besten trainieren, damit ich besser schlafen kann?

Mehr Bewegung ist auch deshalb gut für den Schlaf, weil sie einer der fünf Faktoren ist, die unseren zirkadianen Rhythmus (auch bekannt als „Körperuhr“) beeinflussen, zusammen mit Licht, Ernährung, sozialen Kontakten und Temperatur. Diese Elemente signalisieren dem Gehirn, dass es Tag ist, und tragen dazu bei, die Wachsamkeit zu erhöhen. Gleichzeitig stellt sich der Körper dadurch auch einen „Timer“ für Schlafhormone wie Melatonin ein, wie dann später am Tag ausgeschüttet werden.

Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, sich morgens zu bewegen, um einen guten Wach-Schlaf-Rhythmus zu erzielen. Eine Studie der Universität von Kentucky aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass Bewegung am Morgen das größte Potenzial hat, zirkadianen Störungen oder unregelmäßigen Schlafmustern entgegenzuwirken.

Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass der zirkadiane Rhythmus sehr individuell ist. Man unterscheidet sogenannte frühe oder späte „Chronotypen“, sprich: Menschen, die von Natur aus Frühaufsteher sind, und solche, die zu den Nachteulen gehören. Und wie die Studie zeigt, ist es für eine gute Nachtruhe am zuträglichsten, sich seinem natürlichen Rhythmus anzupassen. In derselben Studie wurde festgestellt, dass späte Chronotypen von Bewegung am Morgen oder am Abend profitieren können, während abendliche Bewegung bei frühen Chronotypen Schlafprobleme noch verschlimmern kann.

Alles in allem ist es am besten, wenn du eine passende Zeit findest und dich daran hältst, sagt Dr. Lederle. „Immer zur gleichen Zeit zu trainieren, kann helfen, deine innere Uhr zu stabilisieren und den Körper dabei zu unterstützen, diese Uhr zu lesen, nach dem Motto: ‚Wenn sie jetzt läuft, bedeutet das, dass sie bald zu Abend isst und sich dann fürs Schlafengehen fertig macht‘“, erklärt sie.

Ist Sport direkt vorm Schlafengehen schädlich?

Das vielleicht Wichtigste ist, unmittelbar vor dem Schlafengehen kein intensives Training mehr durchzuführen. „Sport, vor allem intensiver Sport, kann zu einem Anstieg der Herzfrequenz und einer geringeren Aktivität des parasympathischen Nervensystems führen, was uns eher in den Kampf- oder Flucht-Modus versetzt als in einen entspannten Zustand. Außerdem kann sich unsere Körperkerntemperatur erhöhen“, erläutert Dr. Lederle. Das genaue Gegenteil von dem also, was der Körper eigentlich braucht, um einzuschlafen: eine niedrigere Körpertemperatur, einen langsameren Herzschlag und einen Rückgang von Cortisol.

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass sich abendliches Training negativ auf den Schlaf auswirken kann. Eine Studie aus dem Jahr 2020 über die Gesundheit von Athletinnen fand z. B. heraus, dass Trainingseinheiten oder Wettkämpfe am Abend den zirkadianen Rhythmus um 30 Minuten verschieben. Eine andere Studie von 2023 hat ergeben, dass Workouts bis zu drei Stunden vor dem Schlafengehen die Schlafqualität von Studierenden beeinträchtigen.

Wieder andere Studien deuten indes auf weniger drastische kurzfristige Auswirkungen durch spätes Training hin. „Insgesamt bin ich aber eher vorsichtig und empfehle, hochintensives Training kurz vor dem Schlafengehen zu vermeiden“, meint Dr. Lederle.

Wenn du wirklich erst um 21 Uhr Zeit für Bewegung findest, rät Dr. Lederle zu einem sanften Workout. „Übungen mit geringer Intensität wie Yoga, Pilates oder Walking können helfen, die innere Unruhe loszulassen und sich vor dem Schlafengehen zu entspannen.“

Personal Trainerin Sarah Campus, Gründerin von Ldn Mums Fitness, stimmt zu: "Für einen besseren Schlaf empfehle ich, spätestens zwei oder drei Stunden vor dem Zubettgehen Sport zu treiben, damit dein Körper Zeit hat, sich zu erholen und sich vor dem Schlaf zu entspannen. Wenn du direkt vor dem Schlafengehen trainieren musst, dann probier’s mit etwas Entspannendem wie Yoga".

Wie wirkt sich Schlaf auf den Sport aus?

Da Schlaf und Bewegung sich wechselseitig beeinflussen, kann Ersterer die Art und Weise verändern, wie du dich bewegst. Studien haben gezeigt, dass nach einer schlaflosen Nacht Volleyballspieler schneller erschöpft sind, Radfahrer bei ihren 3-Kilometer-Zeiten um 4 % schlechter abschneiden und Läufer in 30 Minuten einen halben Kilometer weniger laufen.

Athleten, die langfristig mittelprächtig schlafen, sind ebenfalls schlechter dran. Eine Studie aus dem Jahr 2014 hat ergeben, dass Sportler, die chronisch weniger als acht Stunden pro Nacht schlafen, ein um 70 % höheres Verletzungsrisiko haben.

All diese Probleme kommen jedoch nur zum Tragen, wenn du es überhaupt ins Fitnessstudio schaffst. „Schlechter Schlaf wirkt sich negativ auf deine Stimmung, deine Energie, deine Motivation und deinen Antrieb aus, weshalb Schlafmangel dazu führen kann, dass Menschen körperlich weniger aktiv sind“, erklärt Campus. „Für mehr Motivation, Sicherheit, Leistung und für bessere Ergebnisse beim Training ist Schlaf das Allerwichtigste.“

Eine neue Forschungsarbeit der University of Portsmouth zeigt jedoch, dass Sport die Auswirkungen schlechter Nachtruhe ausgleichen kann. So hat die Studie ergeben, dass eine 20-minütige Session mit mäßig intensiver Bewegung die kognitiven Funktionen nach einer unruhigen Nacht wiederherstellen kann

„Schlechter Schlaf ist ein Risikofaktor, der schlechte Gesundheit fördern kann, und Bewegung kann dem entgegenwirken – aber nur bis zu einem gewissen Grad", so Dr. Lederle.

„Wenn du deine Schlafdauer immer weiter verkürzt, kommt du irgendwann an einen Punkt, an dem Bewegung den Schaden nicht mehr wettmachen kann. Weil Bewegung uns das Gefühl gibt, etwas zu leisten oder zu erreichen, neigen wir dazu, sie höher zu bewerten als den Schlaf. Aber wenn das bedeutet, den besten Stressabbauer und das natürlichste Mittel zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit – den Schlaf – zu opfern, ist das ein ziemlicher Trugschluss.“

Fazit: Auch wenn es dich ein Workout um 5 Uhr morgens kurzfristig wacher macht, solltest du dich nicht auf punktuelles Training als langfristige Strategie gegen Müdigkeit verlassen. Bewege dich lieber regelmäßig (am besten morgens) und lass es abends ruhig angeben, damit du besser ein- und durchschlafen kannst.