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Sind kalte Duschen wirklich gesund?

Ist der Sprung ins kalte Wasser nur ein Wellness-Trend oder tatsächlich ein Garant für ein gesünderes, vitaleres Leben? Unsere Expertin taucht tiefer ein... 

Von kalten Duschen über Freischwimmen in eisigen Gewässern bis hin zu Extremsportler Wim Hof, der in kurzen Hosen verschneite Berge hochklettert: Die Kältetherapie hat in den letzten Jahren einen enormen Run erlebt.

Okay, schon die Wikinger rieben ihre Körper zwischen heißen Dampfbädern mit Schnee ab, und auch unseren Vorfahren in der Eiszeit war es vermutlich ordentlich kalt. Aber müssen wir uns heute, im Jahr 2023, deshalb weiterhin bewusst der Kälte aussetzen? Immerhin wurde die Zentralheizung doch nicht grundlos erfunden, oder?

Sind kalte Duschen gesund? Das sagt die Wissenschaft

Die Anhänger von „Ice Man“ Wim Hof könnten auf der richtigen Spur sein ... „Bei der ‚Kryotherapie‘ oder ‚Kältetherapie‘ wird die Körperoberfläche einer sehr niedrigen Temperatur ausgesetzt“, erklärt Alla Pashynska, Leiterin von Ice Health Cryotherapy. „Die Senkung der oberflächlichen Hauttemperatur stimuliert die Thermorezeptoren – das sind Sensoren, die auf Kältereize reagieren. Diese signalisieren dem Gehirn dann, einen Abwehrmechanismus gegen die drohende Unterkühlung zu aktivieren.“

Anders gesagt: Kälte versetzt unseren Körper in den Überlebensmodus – ein Prozess, der überraschende Vorteile hat: „Die Verengung der Blutgefäße, die durch die Kältetherapie ausgelöst wird, lässt den Blutfluss ins Körperinnere ansteigen. Dadurch wird ein Prozess angeregt, der als ‚Baroreflex‘ bekannt ist und für die Aufrechterhaltung unseres Blutdrucks verantwortlich ist“, fügt Pashynska an. Das ist auch der Grund, warum dein Herz und dein Kopf nach einem Kältebad pulsieren und voller Leben sind, während sich deine Extremitäten kalt anfühlen.

Studien bestätigen kalten Bädern haufenweise therapeutische Vorteile: Sie können Muskelkater lindern, Entzündungen hemmen, die Stimmung heben und sogar den Fettabbau ankurbeln. Letzteres hängt mit der viel gepriesenen Aktivierung von „braunem Fett“ zusammen, aufbauend auf der Theorie, dass Kälte das Wachstum von braunem Fettgewebe im Körper anregt, welches wir leichter als Energiequelle nutzen können als „weißes Fett“ (das uns dick macht, wenn wir zu viel davon einlagern).

Wim Hof behauptet außerdem, dass Kälteeinwirkung sein Immunsystem stärke. Eine von den National Institutes of Health in den USA veröffentlichte Studie belegte den Anstieg des braunen Fetts, und eine andere Studie aus dem Jahr 2021 fand heraus, dass Kälteeinwirkung die „immunologische Umprogrammierung“ einschränkt, sprich: Kälte sorgt dafür, dass dein Immunsystem aktiv und wachsam bleibt.

Reicht ein kurzer Sprung unter die kalte Dusche?

Noch ist umstritten, ob kurz unter die kalte Dusche springen oder stundenlang in Eiswasser baden die besseren Ergebnisse liefert. Viele berichten jedoch, dass sie sich nach ein paar Fröstelminuten unter der Dusche aufgeweckter und energiegeladener fühlen. Nicht zuletzt ist Duschen auch unkomplizierter, als jeden Morgen ein Eisbad zu nehmen. Das Wichtigste ist die Regelmäßigkeit, denn die Vorteile zeigen sich erst mit der Zeit.

Okay, und wo soll ich jetzt anfangen?

Du hast noch nie eine Kältetherapie gemacht? Dann lässt du es am besten langsam angehen. Pashynska empfiehlt, das Wasser am Ende jeder Dusche für 2–5 Minuten etwas kälter zu stellen und dich so allmählich an immer kälteres Wasser zu gewöhnen.

„Der Prozess muss graduell erfolgen, damit sich der Körper anpassen kann“, erläutert Pashynska. „Wir fangen mit heißem Wasser an, gefolgt von ein paar Minuten bei mäßig kaltem Wasser; dann verlängern wir schrittweise die Dauer und reduzieren die Temperatur. Je mehr sich unser Körper an diese Prozedur gewöhnt, desto leichter fällt sie uns. Und spätestens, wenn wir die Vorteile spüren, fällt uns die Überwindung nicht mehr schwer.“

Achtung: Es ist nicht ratsam, einfach kopfüber in ein kaltes Gewässer zu springen! Das könnte tödlich sein, da dir die Kälte den Atem raubt. Und selbst in der Dusche solltest du sicherstellen, dass jemand anderes im Haus ist, falls der Schock zu groß ist. Du brauchst nicht gleich einen Rettungsschwimmer in dein Badezimmer einzuladen, aber Vorsicht ist auf jeden Fall besser als Nachsicht.

Kalte Duschen sind kein Zuckerschlecken, zumindest nicht am Anfang (obwohl diejenigen, die sie für sich entdeckt haben, leidenschaftliche Verfechter sind). Mach dich darauf gefasst. Fang langsam an, atme dich durch die Kälte hindurch und steigere schrittweise deine Widerstandskraft, bevor du in ein Eisbad eintauchst oder versuchst, die Eiger-Nordwand in Unterwäsche zu besteigen.

Wer weiß, vielleicht mauserst du dich ja schon bald zu einem supercoolen Musterexemplar für maximale körperliche und geistige Fitness? Und falls nicht, dann hilft dir die kalte Dusche am Morgen wenigstens beim Aufwachen. So oder so, du profitierst von einer klaren Win-win-Situation.